Faule Pferde gibt es nicht. Meine damaligen Erfahrungen mit Reitstunden auf sogenannten triebigen Pferden, waren, dass ich mich und das Pferd durch die ganze Stunde "gescheucht" gefühlt habe. Ich wurde wiederholt zum Treiben und zu mehr Vorwärts aufgefordert. Leider blieb ein Großteil meiner treibenden Hilfen offenbar im Pferd stecken. Es war anstrengend und frustrierend. Und es führte nicht zum nachhaltigen Erfolg. Einen Schritt weiter war ich mit der Information, dass die Schenkelhilfe bei abgestumpften Pferden neu ankonditioniert werden muss. D.h. bei fehlender Reaktion mit Gerte von oben oder auch durch den Reitlehrer vom Boden aus verstärkt werden muss. Aber auch damit erhielt ich kein auf Dauer lauffreudiges Pferd. Heute weiss ich es besser. Man muss sich doch die Frage stellen, warum das Pferd denn nicht laufen möchte! Das ist nämlich völlig unnatürlich. Alle Pferde kommen mit Bewegungsfreude auf die Welt. Fehlt sie, wurde sie auf irgend eine Weise aberzogen. Es gibt Widerstände im Körper des Pferdes, die sich in Form von verspannten, verkürzten Muskeln manifestieren und eine flüssige Vorwärtsbewegung nicht zulassen. Sie können mit zuwenig Muskelkraft an anderen Stellen einhergehen. Langfristig werden sie das definitiv. Das Pferd ist nicht faul, es ist bewegungsgehemmt, Eine mögliche Ursache für diese Widerstände sind Schmerzen, eine weitere Gelenkblockierungen nach Unfällen oder Überforderung. Es gibt aber auch erlernte Widerstände. Diese können innerhalb einer Reiteinheit verschwinden. Und sie treten manchmal nur in Zusammenhang mit Zaumzeug, Sattel und/ oder Reiter auf. Das ist bei den Pferden der Fall, deren Reiter sagen, ihr Pferd habe eine lange Lösungsphase. Das ist suboptimal, denn während dieser langen Lösungsphase wurden dann ja schon recht viele Kilometer im verspannten Zustand zurückgelegt. Was mit ziemlichem Verschleiß am Bewegungsapparat einhergeht. Man sollte sich also gut überlegen, ob man über offensichtlich Widerstände mit viel Aufwand "drüberhinwegtreibt". Mag ein Pferd nicht laufen, stimmt etwas nicht. Schmerzen müssen nicht immer einseitig sein und gehen deshalb nicht immer mit einer deutlich sichtbaren Taktunreinheit einher. Umgekehrt ist nicht jede Taktunreinheit schmerzbedingt. Hat eine gründliche tierärztliche Untersuchung nichts ergeben bzw sind Verletzungen behandelt und ausgeheilt, gibt es also noch die erlernten Verspannungen und Widerstände, die es zu lösen gilt, bevor das Krafttraining anfangen kann. Gelingt das, kommt der Bewegungswille von ganz alleine. Es kann sehr sinnvoll sein, zunächst mit dem zu arbeiten, was das Pferd an Bewegung anbietet. Ggf auch im Stand. Ziel ist immer ein Anheben des Brustkorbs bzw ein in-die-Spur bringen der Vorhand vor die Hinterhand denn nur so kann der Schub aus der Hinterhand, des "Motors" durch die Wirbelsäule hindurchfließen. Das Anheben der Brust wird sehr oft verhindert durch verspannte Unterhals-, Nacken- oder Brustmuskeln und ein bevorzugtes Standbein. Eine weiter mögliche Herangehensweise ist, sich selbst einfach so gut wie möglich zurückzunehmen, um ein Auslösen der Bewegungshemmung zu vermeiden. Viele Pferde machen sich fest als Reaktion auf Schenkelhilfen, auch nur aufgenommene Zügel oder ein im Sitz Zurückbleiben hinter der Bewegung oder ein "Schieben" des Reiters. Dies führt oft zu einem Teufelskreis . Pferd wird langsamer, Reiter treibt, Pferd macht sich schief, Reiter zieht am Zügel dagegen etc. Es wirkt Wunder, einfach mal nur einen Zügel in die Hand zu nehmen. Oder das Gebiss wegzulassen. Sich das Treiben mit den Schenkeln zu verbieten. Sich selbst entspannen. Atmen. Warten auf die freiwillige Bewegung, sich auf jeden Fall darüber freuen, egal in welche Richtung sie zunächst geht. Und wenn getrieben wird: zielgerichtet. Nicht jedes der vier Beine ist gleich faul. Nur wenn der limitierende Faktor an die leistungsfähigeren Partien angeglichen wird, kann eine flüssige Bewegung daraus werden. Also wie immer: dem Pferd zuhören, seine Schwachstellen erkennen, es liebevoll auffordern hier nachzugeben oder dort mehr zu tun und sich auf jeden Fall über jegliche Bemühung in die gewünschte Richtung freuen wie Bolle und sofort die Hilfen aussetzen.
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